Hiobsbotschaft für Gasheizungsbesitzer

MVV will den Gashahn 2035 zudrehen

Wie man dem Mannheimer Morgen vom 05.11.2024 entnehmen konnte, wird die MVV als der Versorger der meisten Mannheimer Wohnungen und Häuser den Gashahn 2035 endgültig zudrehen. Das Erdgasverteilnetz in Mannheim soll bis dahin stillgelegt werden. 

Das bedeutet, dass ab diesem Jahr die Gebäude mit entsprechenden Heizungsanlagen nicht mehr versorgt werden. Auch mit einem anderen Gaslieferanten wird es dann keine Versorgungsmöglichkeit mehr geben, weil das Versorgungsnetz nicht mehr existieren wird. Damit hat die MVV eine Vorreiterrolle eingenommen.

Diese Entscheidung der MVV wird vielen Gaskunden sauer aufstoßen, vor allem wenn sie in den letzten zwei, drei Jahren ihre Gasheizung erneuert haben. Die Aussicht, bis 2044 in Ruhe heizen zu können, hat ein jähes Ende gefunden. Wer derzeit noch eine Gasheizung betreibt und nutzt, muss bis spätestens 2035 eine Alternative gefunden haben. 

Steigende Preise und Nachfragerückgang

Die MVV begründet diesen Schritt vor allem mit dem kontinuierlich steigenden CO2-Preis. Zum einen spielen dabei die steigenden CO2-Kosten eine Rolle. Zum anderen wird es aller Voraussicht nach immer weniger Gaskunden geben, so dass die Servicegebühren für den Netzbetrieb auf immer weniger Schultern verteilt werden. Damit erhöhen sich die Kosten für den Einzelnen.

Die Erwartung, dass die Kosten für Gas bei einer sinkenden Zahl der Gasbezieher steigen wird, erscheint plausibel. Aber das ist tatsächlich keine Entwicklung, die durch die Entscheidung der MVV herbeigeführt worden ist. Der Betrieb eines Heizkessels mit fossilen Brennstoffen ist gemäß § 72 Abs. 4 GEG (Gebäudeenergiegesetz) ab dem 31.12.2044 nicht mehr erlaubt. Das gilt unabhängig von der Ankündigung der MVV. Es geht also nur um die Frage, wie schnell und in welchem Ausmaß die Steigerungen erfolgen werden. 

Entscheidungen nicht auf die zu lange Bank schieben

Haushalte, die noch mit Gas heizen, müssen sich nun relativ schnell nach alternativen Wärmelösungen umsehen. Zehn Jahre sind am Ende dann doch keine so lange Zeit. In geeigneten Fällen kann man an einen Fernwärmeanschluss denken oder an die Umstellung auf eine Wärmepumpe oder andere elektrische Heizungsformen wie Infrarotheizungen. Daneben können beispielsweise Pelletheizungen eine Lösung sein. Wie sich die Geothermie entwickeln wird, bleibt abzuwarten. Aber egal für welche Lösung man sich entscheidet, sie kostet Eigentümer im Einzelfall leider eine erhebliche Summe, da viele Gebäude auch energetisch ertüchtigt werden müssen.

Jetzt könnte man vor dem Hintergrund der Koalitionskrise abwarten, ob eine neue Regierung klimapolitisch das Rad zurückdrehen wird. Davon wird man indes wohl nicht ausgehen können. Vielleicht wird es an der einen oder anderen Stelle Modifikationen geben. Aber eine generelle Abkehr scheint mehr als unwahrscheinlich. Die Energiewende ist eingeleitet, wir erleben immer häufiger Extremwetter. Das kann auch eine neue Bundesregierung nicht ignorieren.

Durfte die MVV das „Gasaus“ einfach so entscheiden?

Die Frage ist berechtigt, immerhin fungiert die MVV für das Gasnetz als Grundversorger. Eine abschließende rechtliche Bewertung ist derzeit nicht möglich. Wir haben es mit einem Präzedenzfall zu tun.

Ein Blick in das Energiewirtschaftsgesetz zeigt allerdings, dass die Pflicht zur Grundversorgung nicht besteht, „wenn die Versorgung für das Energieversorgungsunternehmen aus wirtschaftlichen Gründen nicht zumutbar ist“ (§ 36 Abs. 1 S. 4 EnWG). Das spricht auf den ersten Blick für den Ansatz der MVV. Aber wie man diese doch sehr schwammige Formulierung rechtlich mit Leben füllen muss, werden in Zukunft die Gerichte entscheiden müssen. Man wird sich nicht darauf verlassen können, dass etwaige Entscheidungen gegen die Energieversorgungsunternehmen ausfallen werden. Eher ist vielleicht mit einer Verlängerung etwaiger Fristen zu rechnen. Hier steht vieles in den Sternen.

Wie geht es weiter?

Unabhängig von den rechtlichen Rahmenbedingungen stellt sich die Frage, ob die jetzt forcierte Energiewende überhaupt technisch bis zu dem genannten Datum umgesetzt werden kann. In Mannheim sind noch über 25.000 Gasheizungsanlagen in Betrieb. Diese sollen jetzt innerhalb der nächsten 10 Jahre ausgetauscht werden - neben den rund 1.000 neuen Fernwärmeanschlüssen pro Jahr. Ob hierfür ausreichend Handwerker verfügbar sein werden, erscheint fraglich. Es ist daher sinnvoll, sich frühzeitig Gedanken zu machen und Optionen zu prüfen. Je näher 2035 rückt, umso stärker wird der Druck im Markt werden.

Wir hoffen und erwarten, dass seitens der MVV alles in ihrer Macht liegende unternommen wird, das ambitionierte Ziel zu erreichen und vor allem flexibel auf Härtefälle zu reagieren. Wenn ein Fernwärmeanschluss bspw. erst ab 2034 realisiert werden kann (sofern eine (nicht näher genannte) Mindestanzahl an Aufträgen für einen Hausanschluss gestellt werden, siehe https://www.mvv.de/waerme/fernwaerme), scheint die Sicherstellung der Wärmeversorgung ab 2035 doch sportlich. Und es können auch bei weitem nicht alle Immobilien an die Fernwärme angeschlossen werden.

Auch von der politischen Ebene erwarten wir Augenmaß und Verantwortungsbewusstsein im Interesse der Bürger. Immerhin gehört das Unternehmen letztlich auch der Stadt Mannheim. Und niemand soll ab 2035 frieren.